Nach Kündigung: Abfindung nicht selbstverständlich
Mit der vor wenigen Wochen in Kraft getretenen Reform des Kündigungsschutzes beginnt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine neue Zeitrechnung. Der Haller Rechtsanwalt Helmut Reingruber hat die wichtigsten Neuregelungen unter die Lupe genommen. Sein Fazit: „Erst die Zukunft wird zeigen, ob der Arbeitsmarkt davon profitiert.“
In Betrieben mit sechs bis zehn Mitarbeitern gilt das Kündigungsschutzgesetz zukünftig nur noch für jene Mitarbeiter, die vor dem 01.01.2004 beschäftigt waren. Arbeiter und Angestellte, die ab dem 1. Januar neu hinzukommen, können keinen Kündigungsschutz mehr beanspruchen.
Im Falle von betriebsbedingten Kündigungen sind bei der erforderlichen Sozialauswahl vom Arbeitgeber jetzt folgende Kriterien zu beachten: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten sowie neuerdings die Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers. „Arbeitgeber sind allerdings berechtigt, künftig wieder diejenigen Arbeitnehmer aus der Auswahl herauszunehmen, deren Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegt“, erläutert Reingruber. Dieses könne bestehen, wenn der Mitarbeiter über besondere Kenntnisse verfügt oder die Weiterbeschäftigung zur Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur notwendig ist.
Ganz neu ist der gesetzliche Abfindungsanspruch im Falle von betriebsbedingten Kündigungen. „Dem Arbeitnehmer steht dieser Anspruch allerdings nicht automatisch zu“, so Reingruber. Voraussetzung ist ein schriftlicher Hinweis des Arbeitgebers, dass sich die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse stützt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der dreiwöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann. „Fehlt dieser schriftliche Hinweis, wird eine Abfindung nur durch eine gerichtliche oder außergerichtliche Einigung möglich sein“, so Reingruber.
Erhebt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht, verliert er grundsätzlich seinen gesetzlichen Abfindungsanspruch. Ihm bleibt dann nur die Möglichkeit, sich bei Gericht mit dem Arbeitgeber über eine Abfindung zu einigen. Arbeitsrechtsexperte Reingruber zweifelt, „ob die Einführung des gesetzlichen Abfindungsanspruches allein die Zahl der Kündigungsschutzverfahren wesentlich verringert“.
Neu ist auch, dass eine Klage gegen eine Kündigung unabhängig von ihrer Begründung innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss. Bislang war diese Frist nur maßgeblich, sofern Verstöße gegen das Kündigungsschutzgesetz gerügt wurden.
Inwieweit die Reformen des Kündigungsschutzgesetztes die Bewerbungsaussichten der Arbeitslosen verbessern, ist nach Ansicht Reingrubers derzeit noch nicht zu erkennen. „Die Entscheidung der Arbeitgeber, weitere Stellen zu schaffen, wird jedenfalls durch die aktuellen Änderungen im Arbeitsrecht nicht wesentlich erleichtert.“